Vor 3 Tagen ist mein Vater gestorben. Mein geliebter Papa. Der wichtigste Mann in meinem Leben. Plötzlich und unerwartet. In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist er vor dem Fernseher eingeschlafen. Als meine Mutter nachgeschaut hat, wo er bleibt, ist er nicht mehr aufgewacht. Der schlimmste Moment war, als mein Vater mit den Füßen zuerst hinausgetragen wurde, und das Sofa verlassen zurückblieb, die Pantoffeln davor. Doch was für ein schöner Tod. Die Rosen blühten vor dem Fenster, Rosen standen auf dem Tisch. Es ist Sonntag früh, wir haben Zeit, keiner muss zur Arbeit. Er war noch so fit. So tatendurstig. So lebenslustig. Wie konnte das geschehen?
Henner ist vor dem Fernseher eingeschlafen. Da klopft es an die Scheibe. Während sein Körper weiter schläft, erwacht sein Geist und hört ein leises Rufen: Lass mich ein, es ist Zeit! Henner öffnet die Terrassentüre und der Sensemann tritt herein: Oh, Du hast aber einen tollen Fernseher, sagt er bewundernd. Ja, sagt Henner, meine Frau hat sich so ein großes Gerät gewünscht. Der ist nagelneu. Es war gar nicht einfach, eine passende Halterung zu bekommen. Und dann mußte ich auch noch den Receiver unauffällig anbringen. Das passte ja alles gar nicht mehr in das alte Regal. Damit der Klang auch gut ist, habe ich unter dem Bildschirm eine Soundbar angebracht. Die Montage hab ich selber ausgetüftelt! Hören Sie – der Klang ist ja wohl spitze! Ja, sagt Gevatter Tod, ich habe Dich beobachtet. Du hast mit deiner Tochter im Wohnzimmer getanzt, zu „I can´t get no Satisfaction“. Bist Du denn nicht zufrieden? Ach doch, sagt Henner. Jetzt, wo ich mir mein Fahrrad gerade umgebaut habe. Mit dem neuen Motor komme ich endlich wieder den Berg hoch. Meine Pumpe macht es nicht mehr so, wissen Sie? Wenn doch nur meine Frau nicht so krank wäre… Na ja, sagt der Tod, ihr geht es aber doch gerade ganz gut. Findest Du nicht, dass sie sich toll erholt hat? – Ja, Sie haben schon recht. Meine Frau sieht richtig gut aus. Wenn es doch nur so bleiben könnte. Der Tod sagt, er könne da wohl etwas helfen. Dann nimmt er sich die Fernbedienung und sagt Henner, er solle sich wieder auf das Sofa legen. Auf dem Fernseher erscheinen jetzt Bilder aus Henners Leben, all die schönen Ereignisse, die er schon erlebt hat,Menschen, die er kennengelernt hat und die Krisen, die er gemeistert hat. Henner staunt und sagt, ja, es stimmt. Ich kann wirklich zufrieden sein. Aber bald werde ich 75. Leider habe ich an Weihnachten Geburtstag. Da hat kaum jemand Zeit für eine große Party. Wieder verspricht der Tod zu helfen. Henner solle die Augen schließen, und von einer schönen Feier träumen. Henners Geist schläft ein, er träumt von seinem Garten und seinen Enkeln und davon, mit seiner Frau noch einmal eine schöne Reise ohne Sorgen zu machen. Tiefer und tiefer sinkt sein Geist in den Traum. So tief, dass er nicht mehr hören kann, wie sie hereinkommt. Gevatter Tod muss jetzt los und nimmt Henners Geist bei der Hand: Komm mit mir nach draussen in den Garten, komm. Henner ist ganz verschlafen und er folgt willenlos. Er blickt noch einmal zurück und sieht seine Frau zum Telefon laufen. Als der Krankenwagen kommt, ist er schon fort.
Liebe Susi,
auf Facebook wollte ich nicht schreiben, da erschien mir zu platt.
Ich habe Freitag von Delef und Vera erfahren, dass Dein Papa gestorben ist. Auch wenn wir uns nicht sooo genau kenne, habe ich doch gleich gemerkt, was Du für ein liebevoller Familienmensch bist und wie viel Dir Deine Lieben bedeuten. Und der Papa stand Dir wohl besonders nahe so wie mir meiner auch. Ich fühle mit Dir Deinen großen Verlust, wissend, das meiner auch bald kommen muss, denn das ist der Lauf der Welt. Du beschreibst Deinen Papa als einen, der mit sich im reinen war. Und fürwahr: er hatte einen Super-Abgang, so schwer er für die anderen auch zu akzeptieren sein mag. Ich lese schon aus Deinem Blog heraus, dass in all der Trauer Du Dich auch für ihn darüber freuen kannst. Er hatte eine tolle Tochter! Liebe Susi, mein allerherzlichstes Beileid, Deine Bettina aus Hamburg