Archiv der Kategorie: Geschichten

Winterspaziergang im Lockdown

Seit ein paar Wochen gehen wir jeden Sonntag spazieren. Zum Radfahren ist es uns zu kalt, im Garten ist nicht viel zu tun und im Corona-Winter bleiben andere Hobbys auf der Strecke. Apropos Strecke, an einem Sonntag wollten wir eine größere Runde drehen. Wir starteten in Einchlinghofen und unterwegs schlugen wir spontan den Weg nach Hombruch ein. Kaum waren wir ein paar Schritte in diese Richtung gelaufen, kam uns ein Pärchen entgegen, dass wir flüchtig aus dem Dortmunder Nachtleben kannten. Oft hatten wir schon zusammen gefeiert, als man sich noch in Bars und Clubs treffen konnte. Jetzt trifft man sich beim Spaziergang und fühlt sich wie ein Frührentner.

Eine Woche zuvor waren uns die zwei auch schon begegnet, an ganz anderer Stelle aber um dieselbe Zeit. Wir blieben für einen kurzen Plausch auf dem Feldweg stehen, natürlich mit Abstand, und trennten uns in entgegengesetzte Richtungen. Eine halbe Stunde später kamen sie und aber schon wieder entgegen, an einer Wegeskreuzung.

Wir verabschiedeten uns mit den Worten „dann bis nächsten Sonntag“

Mein Freund kam auf die Idee, rauf nach Hombruch zu laufen um zu schauen, ob die Eisdiele geöffnet hat. Dafür nimmt man den steilen Anstieg vom Rüpingsbach gerne in Kauf! Aber als wir an der Eidiele ankamen – zu unserer Freude war geöffnet – mußten wir feststellen, dass keiner von uns an Bargeld gedacht hatte. Ursprünglich wollten wir auch einen völlig anderen Weg gehen an diesem leicht verschneiten Wintertag.

Und dann lockte plötzlich das Verkaufsfenster von Eisdiele Tiziana mit Kaffee, Glühwein, Eis und Kuchen.

Mein Freund hätte gerne mit einer App auf dem Handy gezahlt, aber das ging dort nicht.

Wir müssen sehr traurig drein geschaut haben, denn die Frau am Fenster sagte einfach: „Sie können auch später zahlen“. Wir waren so überrascht, dass wir erstmal abgelehnt haben. „Doch, keine Problem, nehmen Sie einen Kaffee!“ Ja, wer kann da noch Nein sagen? Mit einem heißen Espresso Macchiato im Blut schafften wir schnell den Rückweg und mein Freund hat abends noch den Kaffee bezahlt.

Warum ich das alles schreibe?

Dieses Erlebnis hatte ich als Kurzfassung bei Facebook geteilt, in der Gruppe „Wir lieben Hombruch“. Es ist ein gutes Beispiel, warum wir Hombruch lieben.

Nicht gerechnet hatte ich mit so einer großen Resonanz. Im Netz wird fast jedes Posting mit Hasskomentaren versehen, aber hier gab es nur begeisterte Reaktionen.

Eine Woche später haben wir den Spaziergang wiederholt, diese Mal mit Geld in der Tasche. Die Chefin der Eisdiele war wieder am Fenster und erzählte, dass ihre Gäste sie auf unser Erlebnis mit dem großzügigen Kaffee angesprochen hätten. Hoffentlich wollen jetzt nicht alle anschreiben lassen.

Es war jedenfalls nicht mein letzter Besuch dort und wenn Ihr mal in Hombruch seid, gönnt Euch ein Eis bei Tiziana neben der Apotheke am Markt.

Büro-Talk

Neulich kam eine Kollegin vom Zahnarzt, doch anstatt zu jammern fing sie an, von dem gut aussehenden, charmanten Arzt und seiner tollen Praxis zu schwärmen.
So sehr, dass wir uns gefragt haben, was er ihr wohl in die Spritze getan hatte.
Als die Kollegin auch noch schwärmte, wie nett der Arzt seiner Helferin an den Arm gefasst hätte, gingen gleich die Spekulationen los, was der Arzt mit der Assistentin auf dem Behandlungsstuhl wohl alles treiben könnte. Es war ein heißer Tag und allen fiel es schwer, sich auf die Arbeit zu konzentrieren.
Von Hölzchen auf Stöcksken kam dann eine andere Kollegin mit einem Schwank aus ihrem Leben:
Die Kirmes im Nachbarort ist hier auf dem Land immer ein großes Ereignis. Alle sind da, vor allem abends im Festzelt. Wie die Kollegin mit einer Freundin zur Toilette geht – Frauen gehen ja immer zusammen – bemerken die beiden ein Pärchen in einer Toilettenkabine. Schnell ist auch klar, wer sich da mit wem vergnügt und dass die beiden eigentlich gar nicht zusammen gehören. Meine Kollegin in feucht-fröhlicher Stimmung hat zufällig einen leeren Bierkrug zur Hand. Ein Blick reicht, schon ist der Krug mit Wasser gefüllt und SCHWAPP! oben über die Toilettentüre auf das Pärchen in Aktion gekippt. Schnell aus dem Staub machen und sich nichts anmerken lassen, als die beiden Triebtäter mit nassen T-Shirts zurück in den Saal kommen!
Die Kollegin muss heute noch lachen, wenn sie die beiden sieht,
obwohl der Spaß schon lange her ist.
Wir lachen mit!

Auf dem Dach

Neulich war ich bei meinen Eltern. Es war der erste warme Frühlingstag und es war ein besonderer Tag, denn meine Mama war aus dem Krankenhaus entlassen worden. Obwohl es ihr immer noch ziemlich schlecht ging, saß sie nun wenigstens auf ihrem Sofa mit Blick auf den wunderschönen Garten. Mein Bruder hatte mich gebeten, den Gärtner zu bestellen, damit er die Dachrinne und möglichst auch das Dach von Laub und Dreck befreien sollte. Allerdings meinte mein Bruder, der Gärtner würde sich scheuen, auf das Dach zu steigen, gegebenenfalls wolle er dann selber nacharbeiten. Mein Bruder und klettern? dachte ich und war beunruhigt. Das Dach war doch immer mein Revier gewesen. Dort hoch gehen und ein wenig Laub fegen, das konnte ich doch machen. Der türkische Gärtner meiner Mutter ist ein charmanter Typ und flirtet für sein Leben gern. Beim ersten Mal war ich ganz schön irritiert. Arbeiten kann er aber auch. Als ich ihm erklärte, was zu tun sei und dass ich aufs Dach gehen würde, machte er große Augen. Natürlich kam er sofort mit rauf. Das Wetter war herrlich und auch wenn es ganz schön anstrengend war, hat es doch großen Spaß gemacht, die ganze Zeit Komplimente mit türkischem Akzent zu bekommen. Wir saßen auf dem Dachfirst für eine Zigarettenpause und er strich mir ein paar Haare aus dem Gesicht. Ziemlich kess fand ich das für einen treuen (?) Familienvater! Also machte ich mir einen Spaß und erzählte, dass ich 13 Jahre alt gewesen bin als wir 1982 das Dach ausgebaut haben. Lustig, wie der Gärtner anfing, auf türkisch an den Fingern abzuzählen, wie alt ich wohl jetzt sein müsste. Er kam zu dem Ergebnis, dass wir ungefähr gleich alt sind. Und dann war es auf einmal egal, dass wir auf dem Dach saßen, nicht weil es verboten war, sondern um dort zu arbeiten. Der Garten lag unter uns im rosigen Schimmer der Kirschblüten, die Aussicht war immer noch so grandios, wie vor 30 Jahren und es machte keinen Unterschied, ob man nun 18 oder 48 war. Sogar die Dachpfannen waren noch erstaunlich gut in Schuss. Und auch wenn ich mich nicht getraut habe, über den First zu balancieren – es hat sich immer noch genauso gut angefühlt, wie früher: Ganz oben zu sein!